Bericht von der 19.CureSMA - Forscherkonferenz 2015 in Kansas City

CureSMA-Conference Vom 18.-20.Juni 2015 fand die 19.CureSMA-Forscherkonferenz in Kansas City, USA, statt. Neben dem Treffen für die SMA-Familien kommen auch die Forscher, Ärzte, Pharmaunternehmen und Patientengruppen zusammen, um sich über die Neuigkeiten bei der Suche nach einer Therapie für SMA auszutauschen. Nachfolgend ein kurzer Überblick vom Treffen erstellt von Sebastian Rademacher, Medizinische Hochschule Hannover.

Bericht von der 19. CureSMA Forscherkonferenz im Juni 2015 –

Aktueller Stand über die SMA Pathologie und laufende klinische Studien

Im Juni 2015 fand die 19. CureSMA Tagung in Kansas City, Missouri, USA statt. Diese internationale Konferenz ist die weltweit größte und wird von der Patientenorganisation CureSMA (früher FSMA) veranstaltet und ermöglicht es, Kontakte zwischen Patienten, Familien, Forschern und Ärzten herzustellen. Erstmalig nahmen über 300 Forscher und Kliniker an der Konferenz teil und berichteten in über 140 Vorträgen und Postern über den aktuellen Forschungsstand und aktuelle Therapieansätze der SMA.

Ein solches Treffen ist eine sehr gute Möglichkeit, Kooperationen zu planen und sich in der Forschung gegenseitig zu unterstützen, um den explodierenden Wissenszuwachs der letzten fünf Jahre aufrecht zu erhalten. Der enge Kontakt zwischen betroffenen Familien und den Forschern stellt dabei auch eine einzigartige Möglichkeit dar, Forschung und Therapien patientengerecht zu entwickeln, die sich nicht nur auf die Behandlung der Krankheit sondern auch auf die Bedürfnisse der Patienten konzentriert.

Wie in den letzten Jahren schon deutlich wurde, sind nicht nur Motoneurone betroffen, sondern auch andere Zellen im zentralen Nervensystem, die zur Motoneurondegeneration beitragen. Neue Erkenntnisse zeigen, dass Astrocyten, die u.a. als Stabilisatoren für Kontaktstellen zwischen Neuronen dienen, das Absterben von Motoneuronen beeinflussen können, wenn ihnen SMN fehlt.

Solch ein Einfluss konnte auch für Microglia, die das Immunsystem des ZNS repräsentieren, gezeigt werden. Diese Glia-intrinsischen Effekte, also der toxische Einfluss von Glia-Zellen auf Motoneurone, stellen daher potente Therapieansätze dar und werden zurzeit intensiv untersucht.

Neben der Grundlagenforschung standen die Wichtigkeit von der Entwicklung von Biomarkern und der Stand von klinischen Studien im Vordergrund der Tagung. Es stellt sich immer stärker heraus, dass eine möglichst frühe Behandlung nötig ist, um das Fortschreiten der Krankheit zu unterdrücken. Die Demographie ist dabei ein wichtiger Punkt.

Eine Arbeitsgruppe setzt sich für die Einführung eines Neugeborenen-Screenings in den Staaten der USA ein, was sich als große Herausforderung herausstellt. Dieses hat den Vorteil, möglichst früh Therapien zu beginnen und vor allem die psychischen und sozialen Probleme von Patienten und Familien gering zu halten. Zum anderen stellen z.B. infrastrukturelle Begebenheiten Probleme für klinische Studien und deren Teilnehmer dar, da vor allem ambulant behandelte Patienten und Familien großen Hürden ausgesetzt sind.

Für die Testung sind Biomarker notwendig. Als ein solcher Biomarker bewährte sich die electrical impedance myography (EIM). Diese Methode ist nicht-invasiv, schmerzfrei und kann von nicht-Experten von zu Hause aus durchgeführt werden, was damit ambulanten Patienten und Familien zu Gute kommt.

Das SMN2 Gen liegt in unterschiedlichen Kopien im Genom vor und liefert ein verkürztes Protein, das schnell abgebaut wird. Der Grund dafür ist, dass ein Teil der genetischen Information (Exon 7) nicht in Protein übersetzt wird. Hier besteht eine Korrelation zwischen Kopienzahl und Schweregrad der Krankheit, da mehr Kopien mehr Protein bilden können. Klinische Studien konzentrieren sich auf dieses Gen, denn durch Eingreifen in das Schneiden (Splicing) der SMN2-mRNA kann die Bildung von vollständigem und funktionalem Protein erzielt werden.

Eine große Anzahl an wissenschaftlichen Gruppen stellte hier die Wirkung verschiedenster Moleküle vor, die genau dieses Schneiden beeinflussen. Eine Gruppe dieser Moleküle sind sogenannte antisense oligonucleotides (ASOs), kurze Ketten von Nukleotiden, die an die Ziel RNA binden und somit einen Einbau des Exons 7 induzieren.

Ebenfalls wird versucht, das SMN1 Gen mit Hilfe von Viren in das menschliche Genom zu übertragen. Hier erscheint es sinnvoll, die Viren systemisch und nicht in den Liquor zu injizieren, da SMN nicht nur für Motoneuronen notwendig ist, sondern auch für die Entwicklung von anderen Organen, z.B. von Herz, Nieren oder Gastrointestinaltrakt.

Diese Methoden werden zurzeit in klinischen Studien getestet: ISIS Pharmaceuticals stellte ihre Ergebnisse zur ISIS-SMNRx Studie vor, die sich inzwischen in Phase 3 befindet. Bei ISIS-SMNRx handelt es sich um ein oben beschriebenes ASO. Roche stellte erste Ergebnisse bezüglich Pharmakodynamik und Pharmakokinetik aus ihrer humanen Studie zu RG7800 dar, einem kleinen Molekül zur Beeinflussung des SMN2 Splicings.

Außerdem konnte durch eine weitere Gruppe in nicht-humanen Primaten eine Erhöhung von SMN1 durch virale Transduktion (also dem Transfer des SMN1-Gens in das menschliche Genom mit Hilfe von Viren) gezeigt werden. Alle genannten Studien liefern erfolgsversprechende Ergebnisse durch Erhöhung des SMN Proteins sowie durch Verbesserung des Zustandes von Patienten, auch wenn noch viele Untersuchungen bezüglich Sicherheit, Verträglichkeit und Wirkung nötig sind.

Sebastian Rademacher, MSc,

Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. P. Claus, Institut für Neuroanatomie, Medizinische Hochschule Hannover

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Bericht von der 19. CureSMA Forscherkonferenz im Juni 2015